Freifunk statt Angst | Urteile | LG Berlin: Dritter Erfolg vor Gericht für Freifunk?

LG Berlin: Dritter Erfolg vor Gericht für Freifunk?

25. August 2015 von reto

Das LG Berlin hat am 30.6.2015 ein Urteil in einem Verfahren gesprochen, in dem es um die Haftung eines Freifunkers für seinen WLAN-Knoten ging (LG Berlin, Urt. v. 30.6.2015 – 15 0 558/14 – Volltext).

Grundlage des Rechtsstreits war die negative Feststellungsklage eines Freifunkers, der zuvor wegen des angeblichen Angebots des Downloads eines Films abgemahnt worden war. Anders als bei „typischen“ Filesharing-Fällen war also der Inhaber der WLAN-Anschlusses hier Kläger und der Rechteinhaber Beklagter.

Ähnliche Konstellationen haben schon das AG Berlin-Charlottenburg und das LG München I beschäftigt. Diese beiden Verfahren dürften als Erfolg (AG Charlottenburg) bzw. „Sieg nach Punkten“ (LG München I) für die Freifunk-Community zu betrachten sein: Das AG Charlottenburg hatte zu Gunsten des Freifunkers die Privilegierung des § 8 TMG angenommen und dementsprechend die Klage zugesprochen. Das LG München I auf der anderen Seite hat genau die Frage der Anwendbarkeit von § 8 TMG dem EuGH zur Prüfung vorgelegt (näher dazu hier und Mantz/Sassenberg, MMR 2015, 85). Andererseits hat das LG München I aber zu erkennen gegeben, dass es dazu tendiert, ebenso wie das AG Charlottenburg die Privilegierung des § 8 TMG anzunehmen.

Nun hatte das  LG Berlin also Freifunk-Fall Nr. 3 vorliegen, die Entscheidung war (nachdem das Verfahren zunächst vom Amtsgericht an das Landgericht verwiesen worden war) lange erwartet worden. Bereits in der mündlichen Verhandlung sah es nach einem dritten Erfolg für Freifunk aus. So kam es dann auch: Der Freifunker hatte mit der negativen Feststellungsklage Erfolg!

… es kommt häufig ein Aber und hier ist es:

Das LG Berlin hat sich mit den für die Freifunk-Community relevanten Fragen leider praktisch gar nicht befasst bzw. befassen müssen. Es ist nämlich schon vorher an einer anderen Stelle abgebogen und hat deshalb insbesondere § 8 TMG überhaupt nicht mehr geprüft bzw. prüfen müssen. Der Anspruch des Abmahnenden ist nämlich schon daran gescheitert, dass das LG Berlin es nicht als hinreichend dargelegt und erwiesen angesehen hat, dass überhaupt die IP-Adresse, die zu dem Anschluss des Freifunkers geführt hat, korrekt und zuverlässig ermittelt worden ist.

Das Urteil des LG Berlin ist für diese konkrete Frage, nämlich die Ermittlung der IP-Adresse lesenswert und spannend. Denn diese Frage ist tatsächlich bei der Bewertung von Filesharing-Fällen hochrelevant. Auch der BGH hat sich kürzlich mit der Problematik befasst allerdings liegen die Gründe noch nicht vor (BGH, Urt. v. 11.6.2015 – I ZR 75/14 – Tauschbörse III, Pressemitteilung). Das LG Berlin ist jetzt bei dieser Frage jedenfalls – als nach meinem Wissen erstes Gericht – mit einer sehr strengen Auffassung in Erscheinung getreten.

Für das, was Freifunkern auf dem Herzen liegt, enthält das Urteil aber dementsprechend (leider) keine neuen Erkenntnisse.

Von daher:

  • Erfolg für den Einzelfall und damit für Freifunk insgesamt?  – Ja.
  • Erfolg für die Zukunft bzw. eventuelle weitere Verfahren? – Eher nein.

 

(Crosspost von Offene Netze und Recht)

Tags: , , ,


 

3 Antworten zu “LG Berlin: Dritter Erfolg vor Gericht für Freifunk?”

  1. Ralph sagt:

    Eines verstehe ich nicht: Ich dachte immer eine Ermittlung der IP-Adresse des Freifunk-Knotens wäre aus technischen Gründen (VPN zu Freifunk-Server, der die IPs der Knoten nicht speichert) gar nicht möglich. Wie kann es dann überhaupt dazu kommen, dass ein Verfahren eingeleitet wurde?

  2. Christian sagt:

    In dem Fall, kam weder eine VPN-Lösung, noch wurde der Traffic über einen Server mit Providerprovileg geroutet. Diese Freifunkinstallation, war quasi „nackt“ an den Internetanschluss angeschlossen.

    LG